Keine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bei Transplantationen

02.09.2014 | AutorIn:  Kanzlei Menschen und Rechte | Aktuelles

Pressemitteilung zum Vorgehen von Universitätsklinikum Gießen, sowie der Prüf- und Überwachungskommission gemäß §§ 11,12 TPG in den Auseinandersetzungen um Muhammet Eren Dönmez.

Mit seiner Pressemitteilung vom heutigen Tage versucht das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) in dem schwierigen Fall des kleinen türkischen Jungen, der dringend ein Spenderherz bemötigt, offensichtlich Stimmung zu machen und die gerichtliche Klärung ihres Vorgehens zu verhindern. Es ist bedauerlich, dass die Überwachungs- und Prüfkommission gem §§ 11,12 TPG sich hier von der Klinik instrumentalisieren lässt. Die unter der Überschrift "Prüfung des Herztransplantationsprogramms Gießen" an die Klinik versandte Stellungnahme, stellt zwar fest, dass keine Verstöße gegen die Richtlinien gem. § 16 TPG festgestellt wurden. Sie behauptet auch, dass die Entscheidungen des Klinikums "tatsachenbegründet und nachvollziehbar" waren. Keine dieser Aussagen wird in der Stellungnahme aber n irgendeiner Weise mit Substanz gefüllt.

Vor allem setzt sich die Prüf- und Überwachungskommission nicht damit auseinander, dass die vermeintliche Kontraindikation im vorliegenden Fall in den "Allgemeinen Grundsätzen für die Aufnahme in die Warteliste zur Organtransplantation" mit "schwerwiegende Erkrankungen anderer Organe" denkbar unbestimmt beschrieben ist und der Auslegung bedarf. Es ist aber trotz aller Bemühungen des Klinikums, Muhammet Dönmez die ursprünglich zugesagte Aufnahme auf die Warteliste zu verweigern, bislang von niemandem dargelegt worden, wieso genau der gesundheitliche Zustand von Muhammet Eren Dönmez, der zum Erhalt seines Lebens unabdingbar erforderlichen Herztransplantation entgegenstehen soll.

Der bloße Verweis auf eine bei einer Reanimation erworbenen Hirnschädigung reicht hier keineswegs aus. Die gesundheitliche Lage unseres lebensbedrohlich herzerkrankten Mandanten hat sich wenngleich leider nur mit Blick auf die Hirnschädigung in den letzten Monaten spürbar verbessert.

Wir als Anwälte stellen fest: Unser Mandant hat nach wie vor Anspruch auf einen Wartelistenplatz, indem die Klinik ihn verweigert gefährdet sie sein Leben. Die Begründung, ein Kind mit einer Hirnschädigung, könne allein wegen dieser Hirnschädigung kein Herztransplantat erhalten, stellt eine Benachteiligung wegen der Behinderung dar. Diese ist durch Artikle 3 Abs 3 Satz 2 Grundgesetz und durch Artikel 25 UN-Behindertenrechtskonvention untersagt. Die Überwachungs- und Prüfkommission ist ausweislich ihres gesetzlichen und ihren Geschäftsordn- ungen festgehaltenen Auftrages nicht berufen, ein Transplantationszentrum in laufenden Auseinandersetzungen vorauseilend zu attestieren, dass sie einen Wartelistenplatz zu recht verweigert. Sie überschreitet mit dieser Intervention ihre Kompetenz. Es trifft entgegen der Darstellung des UKGM im Übrigen auch nicht zu, dass eine Stellungnahme der Prüf- und Überwachungskommission eine Stellungnahme der Bundesärztekammer darstellt. Wir fordern die Bundesärztekammer auf, klarzustellen, dass sie sich nicht von einem Transplantationszentrum zur Legitimierung einer rechtlich und ethisch fragwürdigen Entscheidung instrumentalisieren lässt.

Die Klärung ob ein Patient Anspruch auf einen Platz auf der Warteliste hat ist angesichts der Grundrechte um die es hier geht, insbesondere das Grundrecht auf Leben, eine Sache unabhängiger Gerichte. Unter Umstände muss dabei auch geprüft werden, ob die Allgemeinen Grundsätze für die Aufnahme in die Warteliste in der vorliegenden Form gegen das Diskriminierungsverbot für Menschen mit Behinderungen verstoßen und ob sie auf einer rechtlich tragfähigen Grundlage stehen- in der Vergangenheit ist das von Experten und Organisationen mit guten Gründen bezweifelt worden.

Die Kanzlei Menschen und Rechte vertritt mittlerweile zusammen mit der Kanzlei Akbas und Kollegen, Wiesloch, Muhammet Dönmes.

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