Keine Niederlassungsfreiheit für Miesmuscheln oder: ein Ende der Muschelmauschelei?

21.12.2011 | AutorIn:  Dr. Oliver Tolmein | Aktuelles, Recht Diskriminiert

Es gibt Prozesse, die hätte ich auch gerne geführt – aber man kann ja nicht alles haben. Zum Beispiel keine Miesmuschel als Mandant, weil die wohl nicht prozess- und schon gar nicht parteifähig wären.

Also haben sich vor dem OVG Schleswig-Holstein Naturschützer und der Landesbetrieb für Küstenschutz und Meeresschutz (die wir auch beide nicht als Mandanten haben….) über die Frage gestritten, ob Miesmuscheln aus englischen und irischen Küstengewässern in den Nationalpark Wattenmeer eingebracht werden dürfen – wie es den Miesmuschelfischern recht gewesen wäre – oder nicht, wie es sich die vom WWF unterstützte Schutzstation Wattenmeer e.V. verlangt hatte.

Tja, Pech für die Miesmuscheln, dass sie nicht mal als Streitgenossin präsent sein konnte und auch keinen Verfahrenspfleger hatte. Aber warum auch, schließlich ging es ja nicht um sie, sondern um die Bewahrung des Naturschutzgebiets vor standortfremden Arten:

"Beim Import der Miesmuscheln werden fremde Arten, die an ihnen haften oder als Parasiten in ihnen leben, unvorhersehbar und unvermeidbar mit eingeführt. Auch die eingeführten Miesmuscheln selber sind nicht identisch mit den wilden Miesmuscheln im Wattenmeer, sondern an andere Standorte angepasst. Zum Teil handelt es sich bei der so genannten Mittelmeer-Miesmuschel sogar um eine andere Art."

Das ist die im Natur- und Artenschutzbereich ja nicht ganz selten anzutreffende Rhetorik, die mich immer etwas schaudern lässt (auch wenn ich Straußenfarmen in Norddeutschland - um mal ein anderes Beispiel von Artfremdheit anzusprechen - auch eher irritierend finde und weiterhin lieber Lammfleisch esse oder, wenn ich gerade vegetarisch drauf bin, Sonnenblumenkerne).

Zurück zur Miesmuschel und der Schutzstation Wattenmeer e.V., die jetzt Oberwasser hat und meine Lieblingsforderung stellt: Denkpause, was immer nach Pause vom Denken klingt, aber selbst in der gemeinten Variante des „Pause zum Denken“ wenig überzeugt – warum soll man nur in Pausen denken können? Wie auch immer, eigentlich soll am Ende der Denkpause stehen: "Der Naturschutz muss dabei endlich auf Augenhöhe in die Verhandlungen (über die Zukunft des Wattenmeers, OT) einbezogen und die Muschelmauschelei in Kiel beendet werden."

Noch ist die Entscheidung allerdings nicht rechtskräftig. Das Blog hält Sie auf dem Laufenden... das ist übrigens auch dringend erforderlich, denn sowohl das Wattenmeer als auch die Miesmuscheln sind Jurablogmäßig völlig unterbelichtete Themen...

(Az.: 1 LB 19/10)

 

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