BGH – ein ziemlich irdischer Olymp

18.01.2012 | AutorIn:  Dr. Oliver Tolmein | Strafrecht

Dass auch die Richter des Bundesgerichtshofes gelegentlich mit harten Bandagen gegeneinander antreten, kann nicht verwundern und ist auch keine schlechte Nachricht: Wer den Weg in einen Strafsenat des BGH gefunden hat, dürfte über ein ausreichendes Maß an Ehrgeiz und Selbstbewußtsein verfügen.

Die FAZ berichtet jetzt recht ausführlich über den Streit zwischen Thomas Fischer, der vor dem Verwaltungsgericht geklagt hat, weil an seiner Stelle ein anderer den Posten des Vorsitzenden Richters des 2. Strafsenats erhalten sollte.

Fischer ist Herausgeber des einflussreichsten Praktiker Strafgesetzbuch-Kommentars und hat sich, wie die FAZ berichtet, wegen seiner Kritik an der teilweise gesetzesfernen Praxis des Deals im Strafverfahren bei manchen anderen Richtern im BGH (deren Entscheidung zum Thema er öffentlich kritisiert hat) unbeliebt gemacht - er ist aber offenbar auch kein ganz bequemer Kollege.

Aus der Halbaußen-Sicht eines Anwalts ist der Streit auf jeden Fall produktiv: er zeigt, dass der BGH eben auch nicht mehr als eine Variante von öffentlicher Dienststelle ist. Schön wäre es, wenn eine solche Auseinandersetzung mal Gelegenheit böte, den Beruf des Richters, wie wir ihn kennen zu hinterfragen: Dass Menschen ihr gesamtes Berufsleben lang allein oder in kleinsten Gruppen über Menschenschicksale entscheiden ohne auch mal andere Perspektiven einzunehmen oder eingenommen haben zu müssen, erscheint mir bedenklich - und die Folgen erleben wir in der Praxis (egal ob Nebenklagevertreter oder Strafverteidiger) auch immer wieder.

In der Sache "Deal im Strafprozess" gehört meine Sympathie allerdings eindeutig Thomas Fischer: dieses ohnehin recht fragwürdige Instrument auch noch dadurch aufzuweichen, dass man seine Grenzen unscharf ausgestaltet ist.

 

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