Bundessozialgericht stärkt Rechte von Assistenznehmern

28.02.2013 | AutorIn:  Kanzlei Menschen und Rechte | Aktuelles

Der 8. Senat hat heute festgestellt, dass die Kosten für einen Ruheraum für Assistenten vom Sozialhilfeträge als Kosten der Pflege zu übernehmen sind, wenn es sich um ein Arbeitgebermodell handelt.

In dem Rechtsstreit, der sich seit 2005 zieht, ging es um die Rechtsfrage, ob der Sozialhilfeträger die Kosten eines Ruheraum für Assistenten bei einem Menschen übernehmen muss, der einen Rund-um-die-Uhr-Assistenzbedarf hat, den er im Rahmen des Arbeitgebermodells deckt. Das Bundessozialgericht hat das jetzt – wie zuvor schon das Sozialgericht Köln und das Landessozialgericht NRW – bejaht. Der Sozialhilfeträger hatte dagegen argumentiert, die Kosten für ein Ruhezimmer für Assistenten könnten allenfalls Kosten der Unterkunft sein und seien nicht unter die Kosten für die Heranziehung der besonderen Pflegekraft nach § 65 Abs 1 Satz 2 SGB XII zu fassen. Folgte man dieser Auffassung, hätte das zur Folge, dass insbesondere Menschen mit hohem Assistenzbedarf, die Einkommen beziehen, keinerlei Ansprüche geltend machen könnten, weil die Einkommensgrenzen für Leistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt (zu denen auch Kosten für Unterkunft zählen) niedriger ist. Außerdem wäre dann bei nicht erwerbsunfähigen Assistenznehmern stets die Arge zuständig.

Das Bundessozialgericht folgte aber den Argumenten des Klägers, der von der Kanzlei Menschen und Rechte vertreten wurde. Demnach ist ein Ruheraum erforderlich, weil sowohl der Arbeitgeber als auch die Assistenzkräfte eine Rückzugsmöglichkeit brauchen. Den Einwand des beklagten Sozialhilfeträgers, dass der Kläger sein Assistenzmodell ja anders organisieren könnte, weil Assistenten, die nur in 8 Stunden-Schichten arbeiteten und nicht in 24 Stunden-Schichten, keinen Ruheraum bräuchten, wies das Bundessozialgericht zurück: Wer das Arbeitgebermodell nutzt, soll damit seine Pflege möglichst weitgehend selbstbestimmt organisieren können. Deswegen kann dem Arbeitgeber eine bestimmte Arbeitsorganisation, wenn diese grundsätzlich sachgerecht ist, nicht vorgeschrieben werden.

"Mit dieser wichtigen Entscheidung hat das Bundessozialgericht die Rechte von Assistenznehmern im Arbeitgebermodell gestärkt. Der Verweis auf den hohen Stellenwert des Selbstbestimmungsrechts, der hoffentlich auch in den schriftlichen Urteilsgründen enthalten sein wird, kann auch in anderen Rechtsstreitigkeiten in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein", kommentierte Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein von der Kanzlei Menschen und Rechte die Entscheidung.

(BSG vom 28.2.2013, B 8 SO 1/12 R, vorgehend LSG NRW L 20 SO 82/07)

 

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