Cannabis-Eigenanbau

11.06.2014 | AutorIn:  Kanzlei Menschen und Rechte | Aktuelles

Verwaltungsgericht Köln hilft schwerkranken Patienten, die Cannabis selbst anbauen müssen. Das letzte Wort hat hoffentlich bald das Bundesverwaltungsgericht.

Für Patienten, die für die Behandlung ihrer schweren Krankheiten auf den Eigenanbau von Cannabis angewiesen sind ist heute (22. Juli 2014) ein guter Tag. Das Verwaltungsgericht Köln hat heute drei Patienten das Recht auf Eigenanbau zugesprochen. Die zuständigen Verwaltungsbehörde, das Bundesamt für Arzneimittel, hat nun lediglich noch die Möglichkeit die Modalitäten dieses Eigenanbaus zu beeinflussen, insbesondere gewisse Mindestanforderungen für die Sicherung des Anbaus durchzusetzen. Dabei hat die 7. Kammer des Verwaltungsgericht aber auch klar gestellt, dass für den Eigenanbau von Patienten niedrigere Sicherheitsanforderungen gelten, als für Krankenhäuser oder Apotheken.

Mit diesen Entscheidungen ist das Verwaltungsgericht Köln einen wichtigen Schritt über seine Entscheidung aus dem Jahr 2011 und über die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 11. Juni 2014 hinausgegangen. In diesen Entscheidungen waren die Eigenanbauverbote der Beklagten, der Bundesrepublik Deutschland, zwar auch für rechtswidrig erklärt worden. In den Urteilen hatten die Gerichte aber der Bundesrepublik Deutschland noch Ermessen auch hinsichtlich der "Ob" eines Eigenanbaus bei den schwerkranken Patienten ohne Therapiealternative eingeräumt. Da das Bundesministerium für Gesundheit die zuständige Behörde, das Bundesamt für Arzneimitteln, angewiesen hat, keine Eigenanbau-Erlaubnis zu erteilen, ist zu befürchten, dass das Ermessen stets zu Ungunsten der Patienten angewandt wird.

Die Patienten, denen zur Behandlung Ihrer schweren Erkrankungen keine Alternative zum Eigenanbau verbleibt, sind aber dennoch nicht am Ziel: Es ist anzunehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen die aktuellen liberalen und patientenfreundlichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts in die Berufung gehen wird. Das letzte Wort in diesem Streitfall wird insofern wohl das Bundesverwaltungsgericht haben. Dort liegt auch bereits ein Fall vor mit dem die Kanzlei Menschen und Rechte gegen ein Urteil des OVG NRW in die Revision gegangen ist. Auch in diesem Fall geht es um die sogenannten "Ermessensreduzierung auf Null", also darum zu erreichen, dass das Bundesamt für Arzneimittel allenfalls noch über gewisse Modalitäten des Eigenanbaus entscheiden kann, aber nicht darüber ob der Patient das dringend benötigte Cannabis selbst anbauen darf, da ihm keine Therapiealternative zur Verfügung steht und er das Medizinalhanf, das er aus den Niederlanden importieren dürfte, nicht bezahlen kann.

Der Fall unseres Mandanten Ralf H. macht allerdings deutlich, wo auch die Grenzen der Entscheidung des VG Köln liegen. Seine Klage wurde abgewiesen, weil seine Wohnsituation einen gesicherten Eigenanbau nach Auffassung des Kammer nicht erlaubt. Damit wird von einem schwerkranken Schmerzpatienten verlangt, in eine größere (und damit zumeist teurere) Wohnung umzuziehen, um das für seine Behandlung anerkanntermaßen unverzichtbare Cannabis anbauen zu können: das ist angesichts des minimalen Risikos des Eigenanbaus weder nachvollziehbar, noch angesichts der Schwere der Erkrankung nachvollziehbar. Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein kommentiert diesen Aspekt der Entscheidung: "Es kann nicht sein, dass die Frage, ob ein schwerkranken Mensch sich behandeln kann oder nicht vom Grundriss seiner Wohnung und deren Größe abhängt."

Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein resümiert die Situation nach diesen Entscheidungen des VG Köln: "Es ist zu hoffen, dass das Bundesverwaltungsgericht möglichst schnell die bereits eingelegte Revision verhandelt, damit sich die Lage dieser Schwerkranken endlich grundlegend verbessert." Er weist gleichzeitig darauf hin, dass gegenwärtig bei mehreren Schmerzpatienten, die Cannabis nutzen dürfen, die aber aus Kostengründen gezwungenermaßen Eigenanbau betreiben, Wohnungen durchsucht, Pflanzen beschlagnahmt worden und Strafverfahren eingeleitet worden sind: "Auch das macht deutlich, wie dringend hier eine Klärung der rechtlichen Situation ist."

VG Köln: Stattgebende Urteile: 7 K 4447/11, 7 K 4450/11 und 7 K 5217/12 Abweisendes Urteil (Wohnsituation): 7 K 4020/12 OVG NRW vom 11. Juni 2014 (Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen und eingelegt): 13 A 414/11

 

Zurück zur Übersicht