"Ich wünsche mir eine Querschnittlähmung" - kann der Rechtsanwalt helfen?
06.01.2009 | AutorIn: Dr. Oliver Tolmein | Medizinrecht
Das Anliegen des Anrufers klang durchaus ungewöhnlich: Er habe das Gefühl im falschen Körper zu leben, er lebe im Körper eines nicht behinderten Menschen, fühle aber wie ein Mensch mit Querschnittlähmung.
Im Klartext: Kann er einen Arzt dazu zwingen, bei ihm eine Querschnittlähmung herbeizuführen? Medizinrechtlich war die Frage einfach zu beantworten. "Body Integrity Identity Disorder" (BIID) ist zwar mittlerweile in der Fachwelt ein Begriff, eine Krankheit ist es aber nicht. Dafür müsste es eine ICD-10-Ziffer geben (ICD = International Classification of Disease) oder einen Eintrag im DSM-IV Verzeichnis (DSM= Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders). Den gibt es aber nicht. Solange es aber keine (anerkannte) Krankheit ist, gibt es auch keine anerkannte Therapie. Und eine Querschnittlähmung gezielt herbeizuführen, die keinen therapeutischen Zwecken dient, ist für einen Arzt nicht zulässig - eine Einwilligung in einen solchen Eingriff, würde als sittenwidrig auch nicht wirksam sein.
Was medizinrechtlich einfach erscheint, zieht aber viele, deutlich schwieriger zu beantwortende Fragen nach sich. Die einfachste davon: Warum ist Body Integrity Identity Disorder, die es immerhin schon zu einem (wenn auch eher schlichten) Wikipedia-Eintrag und einem wissenschaftlichen Symposium gebracht hat, eigentlich nicht als Krankheit anerkannt?
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