Kopftuchtragen im Gerichtssaal erlaubt

29.07.2006 | AutorIn:  Kanzlei Menschen und Rechte | Aktuelles

Das Bundesverfassungsgericht hat die sitzungspolizeiliche Anordnung eines Jugendrichters, mit der er die Mutter des Angeklagten aufforderte ihr Kopftuch anzunehmen oder den Saal zu verlassen, als Verstoß gegen die Grundrechte der Frau bewertet. (BVerfG 27. Juni 2006, Az.: 2 BvR 677/05)

Der Berliner Jugendrichter nannte als Grund für das gegenüber der Beschwerdeführerin ausgesprochene Verbot , dass er das Tragen von Kopfbedeckungen in seinen Verhandlungen prinzipiell nicht zu dulde. Nach Auffassung der Verfassungsrichter lässt eine solch pauschalisierende Betrachtung außer Acht, dass nicht in jedem Aufbehalten von Hüten oder Kopftüchern in geschlossenen Räumen eine Missachtungskundgebung gegenüber anderen anwesenden Personen und damit ein "ungebührliches" Verhalten liegen muss. Das Tragen von Kopfbedeckungen in Anwesenheit anderer kann auch billigenswerte Gründe haben. Unter anderem kann es - wie das Bundesverfassungsgericht auch schon entschieden hat Ausdruck von Religionsausübung sein, womit es den Schutz des Art. 4 GG genießt. Dieses Schutzes geht niemand verlustig, weil er sich als Zuhörer in einem Gerichtssaal befindet. Nach Ansicht der Verfassungsrichter ist das Kopftuchtragen hinzunehmen, wenn es sich mit einem störungsfreien Ablauf der Sitzung verträgt. Für den konkreten Fall des Tragens von Kopfbedeckungen im Gerichtssaal gelte daher, dass eine Ungebühr und damit eine Störung der Sitzung nicht vorliegt, wenn das Aufbehalten eines Hutes oder Kopftuchs lediglich aus religiösen Gründen erfolgt und solange der Zuhörer als Person identifizierbar bleibt.

 

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