Palliativmediziner dürfen Betäubungsmittel nicht an Patienten abgeben

02.03.2012 | AutorIn:  Dr. Oliver Tolmein | Medizinrecht

Die Apothekenbetriebsordnung fristet auch in der Welt der juristischen Blogs eher ein Schattendasein. Vermutlich nicht einmal zu Unrecht. Um so schöner ist es dann doch für alle, wenn plötzlich aus dem Nachtschattengewächs ein strahlender Vogel Phönix wird.

So geschehen vor einigen Tagen, als aus dem Kreis der Hospizvereine und Palliativkliniken plötzlich die vom Bundeskabinett beschlossene Reform der Apothekenbetriebsordnung gelobt wurde, sie stelle eine "Weichenstellung für eine Verbesserung der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen (dar)", so der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV).

Mich hat das Lob einige Zeit Lektüre gekostet, denn mir hat sich nicht erschlossen, was denn nun besser werden soll für die Palliativmediziner, denen es derzeit durch § 13 BtmG unter Strafe (bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe) verboten ist, an ihre sterbenden Patienten Betäubungsmittel abzugeben, damit sie beispielsweise am Wochenende die Zeit bis zur Öffnung der Apotheke überbrücken können (sie dürfen aber immerhin einen zwei Wochen Vorrat verschreiben, den sich der Patient dann selbst aus der Apotheke holt. Wenn die aber zu hat und die Notdienst-Apotheke 30 Km entfernt liegt, darf er nicht mal für zwei Tage selbst die Medikamente an den Patienten geben).

Ich will es kurz machen: Die Apothekenbetriebsordnung n.F. hilft in der Sache weder dem Palliativmediziner noch seinem Patienten. In ihren Normen beschäftigt sie sich mit dem Problem gar nicht. Aber auf Seite 35 des Entwurfs (PDF Dokument, ca. 194 KB) wird angekündigt irgendwann in anderen Gesetzen irgendwas zu regeln:

"Im Hinblick auf eine bessere Versorgung von ambulanten Palliativpatienten sind in dieser Verordnung ergänzende Regelungen zur Vorratshaltung von Betäubungsmitteln in der Apotheke sowie im Betäubungsmittelgesetz zum Überlassen bestimmter Betäubungsmittel durch den Arzt in eng begrenzten Fällen erforderlich. Maßgeblicher Anwendungsfall hierbei ist die Deckung des dringenden und kurzfristigen Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Patienten in einer voraussichtlichen palliativ-medizinischen Krisensituation. Der Arzt soll dem Patienten hierfür in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes bezeichnete Betäubungsmittel überlassen dürfen, wenn der Betäubungsmittelbedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann. Diese Regelungen werden in weiteren Rechtsakten getroffen, die zu einer Änderung des Betäubungsmittelrechts sowie zu einer Ergänzung der vorliegenden Verordnung führen werden."

Wenn so eine vage Absichtserklärung an einem absurden Ort (in der Begründung eines anderen Normtextes, der mit dem zugrunde liegenden Problem nichts zu tun hat) schon Begeisterung auslöst muss die Lage wirklich schlimm sein. Hoffen wir also, dass sich bald im BtmG, wo das Problem herkommt etwas ändern lässt.

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