Später Teilerfolg in Sachen Warteliste für Transplantationen

05.03.2015 | AutorIn:  Kanzlei Menschen und Rechte | Aktuelles

OLG Frankfurt: Niedriger Streitwert für Klagen gegen Wartelisten-Entscheidung und möglicherweise geringere Anforderungen an Erfolgsaussichten einer Transplantation um Warteliste-Platz zu erhalten

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat heute mit zwei Beschlüssen die Rechtsposition von Patienten gestärkt, die gegen Entscheidungen von Transplantationszentren vorgehen müssen. Das Oberlandesgericht hat zwei Beschwerden des verstorbenen, schwer herzkranken Muhammet Erenz Dönmez gegen das Urteil des Landgerichts Gießen weitgehend stattgegeben.

Zum einen wurde der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahren von 300.000 EUR auf 50.000 EUR heruntergesetzt und damit das Kostenrisiko, das Klägerinnen und Kläger auch künftig in solchen Verfahren zu tragen haben verringert. Damit sind auch die Gerichts- und Anwaltskosten, die sich am Streitwert bemessen, deutlich niedriger.

Zum anderen hat das Oberlandesgericht dem Antrag des Klägers Muhammet Dönmez auf Kostenaufhebung stattgegeben. In § 91a ZPO heißt es zur Verteilung der Kosten: "Das Gericht (entscheidet) über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss." Üblich ist in Fällen, in denen es eine erstinstanzliche Entscheidung gibt, dass die Kosten dem Unterlegenen voll aufgebürdet werden.

Das ist hier aber nicht geschehen. Damit hat das OLG im Rahmen der Kostenentscheidung deutlich gemacht, dass die Berufung, die wegen des Todes des Klägers nicht mehr verhandelt werden konnte, gute Erfolgsaussichten hatte. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in seiner Entscheidung vor allem an zwei Punkten Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit des Gießener Urteils geäußert:

Nach Auffassung der Frankfurter Richter spricht viel dafür, dass Menschen, die ein Spenderorgan benötigen und bei denen die Transplantation nicht völlig aussichtslos ist, grundsätzlich einen Anspruch auf eine Listenplatz auf der Transplantationsliste haben; daher seien an das gesetzliche Kriterium der "Erfolgsaussicht" möglicherweise nicht so hohe Anforderungen zu stellen. Zwar können man argumentieren, dass angesichts der Knappheit der Spenderorgane diese Anforderungen an die Erfolgsaussichten dennoch "höher" einzustufen seien, dann sei aber "zumindest fraglich" "ob diese höheren Erfolgsaussichten durch eine Richtlinie der Bundesärztekammer bestimmt werden können."

Da diese Fragen außerordentlich kompliziert zu entscheiden seien, könnte aber in einer Kostenentscheidung kein eindeutiges Ergebnis formuliert werden, so dass das Risiko zwischen den Parteien – wie beantragt – gleich zu verteilen sei.

Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein, der das Verfahren für Muhammet Eren Dönmez geführt hat die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. begrüßt: "Auch wenn es unserem Mandanten nicht mehr hilft, wird doch für künftige Verfahren und für den Gesetzgeber deutlich, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen unzulänglich sind."

Rechtsmittel gegen diesen Beschluss gibt es nicht. OLG Frankfurt vom 5. März 2015, OLG Frankfurt 16 U 192/14 (LG Gießen 3 O 290/14)

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