Verfassungsbeschwerde erfolgreich

28.09.2016 | AutorIn:  Oliver Tolmein | Aktuelles

Im Rechtsstreit um eine 24-Stunden-Assistenz im Arbeitgebermodell hat die Kanzlei Menschen und Rechte erfolgreich Verfassungsbeschwerde erhoben. Jetzt muss das LSG Rheinland-Pfalz neu entscheiden.

Das Bundesverfassungsgericht hat einen im Eilverfahren ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz aufgehoben mit dem der Antrag auf eine kostendeckende Erhöhung der Hilfe zur Pflege abgewiesen worden war. Die Deckungslücke mit der der Beschwerdeführer zu kämpfen hat, beträgt mehr als 5000 EUR monatlich. Wäre der Beschluss des LSG bestandskräftig geblieben, hätte der betroffene Mensch mit seinem Assistenzbedarf das Arbeitgebermodell nicht fortführen können und wäre gezwungen gewesen, in eine stationäre Einrichtung zurückzugehen. Auch jetzt ist die Situation des Beschwerdeführers schwierig, denn das Bundesverfassungsgericht hat den nachteiligen Beschluss des Landessozialgerichts zwar aufgehoben. Der Beschwerdeführer hat aber mittlerweile erhebliche Schulden, weil er ohne ausreichendes Geld seine Assistenten weiter beschäftigen muss, aber weder ihren Lohn noch die Sozialabgaben in der erforderlichen Höhe bezahlen kann.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidung des Landessozialgerichts aufgehoben, weil es das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verletzt hatte. Es hatte die Anforderungen an das Vorliegen des erforderlichen Anordnungsgrundes in einer nicht hinnehmbaren Weise überspannt. Es hat die Dringlichkeit der Lage des Beschwerdeführers ohne ausreichende Prüfung verneint. Wörtlich äußerte das Bundesverfassungsgericht: „Die Fachgerichte (sind) gehalten, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn sonst dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen.“ Das war hier erkennbar der Fall.

Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein, der den Beschwerdeführer in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren vertreten hat, begrüßt die Entscheidung der 1. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts: „Das Bundesverfassungsgericht hat damit verhindert, dass mein Mandant von den Behörden durch Vorenthalten eines ausreichenden Budgets einfach in die Pleite getrieben wird.“ Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz will das Verfahren jetzt am 2. November 2016 mündlich verhandeln. „Bleibt zu hoffen“, so Tolmein, „dass die Richter sich dann die Notlage des Antragstellers vergegenwärtigen und wenigsten ermöglichen Das Arbeitgebermodell so lange fortzuführen, bis in der Hauptsache entschieden worden sein wird.“

Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juni 2016 - L 4 SO 75/16 B ER –
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. September 2016 – 1 BvR 1630/16 - 

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