Willkommen 2021!

31.12.2020 | AutorIn:  Kanzlei@menschenundrechte.de | menschenundrechte.de, Aktuelles, Blog

Das vergangene Jahr 2020 hatten wir hoffnungsvoll erwartet – im Rückblick erscheint es als denkwürdiges, über weite Strecken bedrückendes und herausforderndes Jahr, das uns vor allem deutlich vor Augen geführt hat, wie plötzlich Gewissheiten, Routinen und eine Grundzuversicht verloren gehen können.

Eine Community Maske für die Kanzlei Menschen und Rechte wird mit einer Maschine gesticktDas Jahr der Masken

Liebe Freundinnen und Freunde der Kanzlei Menschen und Rechte, liebe Mandant*innen und liebe Kolleginnen und Kollegen,

Das vergangene Jahr 2020 hatten wir hoffnungsvoll erwartet – im Rückblick erscheint es als denkwürdiges, über weite Strecken bedrückendes und herausforderndes Jahr, das uns vor allem deutlich vor Augen geführt hat, wie plötzlich Gewissheiten, Routinen und eine Grundzuversicht verloren gehen können. Gleichwohl haben wir in unserer Gesellschaft auch viel Bereitschaft zu helfen, Solidarität und Beharrungsvermögen erlebt – neben einem allerdings erschreckenden Irrationalismus und einem Beharren auf Freiheiten, die sich von aller Verantwortung emanzipiert haben.

Unsere Arbeit hat sich verändert: viele Veranstaltungen zu denen wir als Referent*innen geladen waren sind ausgefallen, später haben wir uns zu Online-Routiniers entwickelt. Wir haben, wie viele, Gremiensitzungen, Veranstaltungen, Beratungen und Besprechungen in den virtuellen Raum verlegt und sind mittlerweile mit Videokameras und Mikrofonen gut ausgestattet. Die Gerichtstermine wurden selten, dafür hat es unsere Kollegin Rechtsanwältin Lünsmann leibhaftig immerhin ins Bundespräsidialamt geschafft, wo sie als Mitglied des Bundesvorstandes des Lesben- und Schwulenverbandes LSVD Ende Oktober mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein Gespräch unter anderem über die längst fällige Modernisierung des Abstammungsrechts führte.

Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein hat im Frühsommer im Auftrag von neun Menschen aus der Behindertenbewegung die Verfassungsbeschwerde, die im Umfeld der aufkommenden Triage-Diskussionen, das Untätigbleiben des Gesetzgebers in den Fokus nimmt beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Beschwerdeführer*innen haben damit jetzt schon erreicht, dass die Diskussion über die Zuteilung von Lebenschancen keine Fachdiskussion von Ethiker*innen und Medizininnen und Medizinern bleibt, sondern auch ihre gesellschaftliche und potenziell diskriminierende Dimension Thema wird. Ob es gelingt, den sonst so regelungsbegierigen Gesetzgeber hier durch das Bundesverfassungsgericht dazu zu bringen, dass er gesetzliche Regelungen erlässt, die sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen weder unmittelbar noch mittelbar bei der Zuteilung möglicherweise nicht ausreichender medizinischer Ressourcen benachteiligt werden, wird sich voraussichtlich 2021 erweisen (den Text der Verfassungsbeschwerde, die das Aktenzeichen 1 BvR 1541/20 finden Sie auf bit.ly/TriageVB ).

Neben dieser drohenden außerordentlichen Diskriminierung haben wir uns in einigen Verfahren mit der Diskriminierung im Alltag bzw. der Verweigerung von angemessenen Vorkehrungen befasst. Am bemerkenswertesten ist insoweit wohl ein Verfahren, in dem Rechtsanwältin Dr. Babette Tondorf gegen die Hamburger Polizei vor dem Arbeitsgericht Hamburg gewonnen hat (vgl. Urteil vom 01.12.2020, 9 Ca 249/20, noch nicht rechtskräftig). Die Polizei Hamburg hatte eine Stelle  „Multimediagestalter (m/w/d)“ ausgeschrieben. Verlangt wurde als Qualifikation eine Ausbildung zum „Mediengestalter Bild und Ton oder eine vergleichbare Ausbildung“. Die Polizei Hamburg lud unseren Mandanten, der ein berufsbegleitendes Studium für Kommunikation und eine Weiterbildung zum Social Media PR-Manager aufweisen konnte, nicht zum Vorstellungsgespräch ein – obwohl der als Konkretisierung von antidiskriminierungsrechtlichen Vorschriften gedachte § 165 Satz 3 SGB 9 genau das von öffentlichen Arbeitgebern verlangt. Die 9. Kammer des Arbeitsgerichts hielt es daher für angemessen, unserem Mandanten eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern zuzusprechen. 2021 wird dieses Verfahren wohl in höheren Instanzen weitergeführt werden. Unsere Mandant*innen und wir brauchen leider nicht selten einen lange Atem. Daher haben wir uns auch 2020 wieder intensiv mit den Rechtsansprüchen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*- und inter*geschlechtlichen sowie queeren Menschen (LSBGTI*Q) in familienrechtlichen, personenstandsrechtlichen und medizinischen Fragen befasst. Auch Themen wie das Persönliche Budget, Cannabis als Medizin, die Vertretung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen im Maßregelvollzug und die Nebenklage von Menschen mit Beeinträchtigungen haben unsere Praxis nachhaltig geprägt.

2020 war auch ein Jahr personeller Veränderungen in der Kanzlei. Wir bedanken uns vor allem bei Rechtfachwirtin Jessica Thode für ihre langjährige engagierte Arbeit, die die Kanzlei so geprägt hat und wünschen ihr eine weiterhin schöne Elternzeit! Wir freuen uns, dass wir mit Anja Gast eine versierte und sehr erfahrene Rechtsanwaltsfachangestellte gefunden haben, die unser Sekretariat umsichtig organisiert.  

Vor allem bedanken wir uns bei unseren Mandantinnen und Mandanten, sowie den Vereinen, Verbänden und Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten für ihre Geduld und ihr Vertrauen in dieser für sie oft besonders schwierigen Zeit und für das in uns gesetzte Vertrauen. Wir gedenken der Angehörigen von uns, der Freund*innen, Bekannten, Mandant*innen, die 2020 gestorben sind, darunter auch manche, die COVID-19-Infektionen nicht überlebt haben.

Wir wünschen den Leserinnen und Lesern dieser Zeilen und uns allen, dass 2021 ein gutes, in vielerlei Hinsicht ein besseres Jahr werden wird! Wir sind gespannt und werden daran mit der Kanzlei Menschen und Rechte mitarbeiten!

Gabriela Lünsmann, Dr. Babette Tondorf und Dr. Oliver Tolmein

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